
Berlinale 2020 Rückblick
Die Berlinale 2020 ist zwar schon ein bisschen her (zum Glück noch vor dem großen Ausbruch von COVID-19 in Deutschland) und ich dachte mir, dass es Zeit wird euch einen kleinen Einblick in das Berlinale Kplus und 14plus Programm zu geben.
Darum folgen jetzt Kritiken von Giacomo und mir zu Berlinale Filmen.
Giacomo hat über den Kplus Film ,,Mugge & Vejfesten“ geschrieben und ich (Yaron) habe über die 14plus Filme ,,Paradise Drifters“ und ,,Jumbo“ geschrieben. Viel Spaß!
Mugge & Vejfesten:
„Jeder Tag ist schön! Und jeder neue ist besser als der Tag davor.“
Das ist das Motto mit dem Muge jeden Morgen aufsteht. Doch warum liegt sein Vater im Sandkasten und lutscht an seinem Daumen? Und warum ist seine Mutter jetzt immer mit einem Prachtexemplar im Fitnessstudio? Mugge merkt wie seine Familie immer mehr auseinander fällt, doch um das zu verhindern, möchte er das beste Straßenfest aller Zeiten organisieren.
Was als Erstes bei dem Film auffällt ist der Zeichenstil, der lustig und schön einfach für Kinder gestaltet ist. Das Zweite, was einem auffällt, ist, dass die Story immer wieder von kurzen Zwischensequenzen unterbrochen wird, die aber überhaupt nicht stören, sondern eher lustig und sehr passend sind. Mit genau so einer Szene startet übrigens der Film, was sehr schön war, da so gut in das Thema eingeführt werden kann. Auch die Problematik, dass sich immer mehr Eltern scheiden lassen, was für die Kinder nicht sehr schön ist, wird gut eingeführt. Die Umsetzung ist zwar sehr schön, allerdings nichts Neues. Dafür aber umso ansprechender für kleine Kinder, für die er auch gemacht ist.
Paradise Drifters:
Verrat des Bruders, ungewollte Schwangerschaft und versuchter Selbstmord – das sind alles Themen und Handlungsstränge in Paradise Drifters, der mir trotz seines gut gewählten Titels nicht unbedingt gut gefallen hat. Es geht um 3 junge Erwachsene, die alle kein Geld haben und deren Wege sich kreuzen. Gemeinsam beschließen sie, nach Barcelona zu fahren. Das es aber bei einer Lauflänge von ca. 85 Minuten noch um viel mehr geht als, dürfte klar sein. Doch da der Film sehr viel erzählt und (zumindest am Anfang) die Geschichte von drei abgestürzten Erwachsenen gleichzeitig portraitiert, wirkt es an manchen Stellen so, als wäre er eine Aneinanderreihung von Kurzgeschichten aus dem Alltag dieser.
Einen großen Teil dazu trägt der Schnitt bei, der anders als in den meisten Filmen viel mit Pausen (Black Screen) arbeitet und so die Geschichte gut abgrenzt. Mir gefallen hat die Musik, die zwischen modernem Rap und ruhigen Beats sehr gut pendelt, was für eine stetig wechselnde Atmosphäre sorgt. Die schauspielerischen Leistungen sind hervorragend, denn die Figuren werden so bodenständig und realistisch gespielt, dass man den Darstellern die Emotionen wirklich abkauft. Die Kamera ist per Hand gehalten und sorgt so für wackelige Bilder, die einen dadurch noch mehr in die Welt der Protagonisten eintauchen lassen, die ja selber auf der Kippe steht.
Mir persönlich hat aber die langsame Erzählweise nicht sehr gut gefallen. Denn trotz der kurzen Lauflänge fühlt sich der Film lang an und es passiert nicht gerade viel. Die Geschichte ist auch nicht so spannend und so kommt es, dass es an manchen Stellen langweilig ist.
Paradise Drifters ist ein Film, den man sich anschauen kann. Aber nicht muss. Denn man muss sich Zeit nehmen. Der Film ist nämlich nicht einfach zu schauen. Und ob man das dann auf der Berlinale macht, muss am Ende des Tages jeder für sich selbst entscheiden.
Jumbo:
Jumbo erzählt die Geschichte einer jungen schüchternen Frau namens Jeanne, die Gefühle für das Fahrgeschäft ,,Movie It“ entwickelt, welches sie ,,Jumbo“ nennt. Jumbo kommuniziert anscheinend nur mit ihr und das durch Farben uns Signale. Jeannes Mutter, die sonst kein Problem hat mit ihrer Tochter über Sex zu reden, weiß auch nicht, wie sie mit dieser außergewöhnlichen sexuellen Orientierung umgehen soll und gleichzeitig macht sich der Parkleiter an Jeanne ran.
Wie Zoe Wittok, die Regisseurin, erzählte, hatte der Film ein extrem kleines Budget, da die Studios nicht bereit waren, in ein Thema zu investieren, von welchem die wenigsten je was gehört haben. Doch zu Jumbos Vorteil sieht der Film gar nicht low-budget aus. Die überraschend guten Effekte, das tolle Set Design, die gute Kamera und die vielen Farben sorgen für Bilder, die man sonst eher aus teuren Hollywood Produktionen kennt. Nur mit dem großen Unterschied, dass sich Hollywood nie an so ein Thema heranwagen würde. Der Film basiert lose auf der Geschichte von Erika Eiffel, die, wie man es dem Namen vielleicht entnehmen könnte, den Eiffel Tower zu ihrem „Mann“ für gute und schlechte Zeiten gemacht hat. Doch ich finde, dass die Geschichte, die Jumbo erzählt, viel spannender und einfühlsamer ist und sich so auch einen Platz auf der großen Leinwand zu 100% verdient hat.
Was diesen Film vor allem ausmacht ist die Schauspielleistungen von Noémie Merlant als Jeanne und Emmanuelle Bercot als die verzweifelte Mutter Margarette. Sie bringen den Konflikt und die Gefühle der beiden unterschiedlichen Charaktere sehr gut rüber und so entsteht der Eindruck einer auch im realen Leben existierenden Mutter-Tochter Beziehung.
Aber kommen wir mal zum eigentlichen Hauptdarsteller: Move It alias Jumbo. Wie schon am Anfang angesprochen, hat mir das Design von Jumbo sehr gut gefallen. Er ist keine Achterbahn, aber auch kein Karussell – irgendetwas dazwischen. Doch wie Jumbo sich bewegt und mit Farben spielt, als wären sie Emotionen, fühlt sich so natürlich an, das man als Zuschauer noch besser in die Welt eintauchen kann. Im Allgemeinen wirkten alle Figuren (außer die Jugendlichen, welche sich immer über Jeanne lustig machen) relativ sympathisch und auch einem Parkleiter werden genug Charaktereigenschaften gegeben, so dass auch er seine Momente hat.
Alles in Allem ist Jumbo ein sehr gelungener Film, den sich alle anschauen sollten, die sich vor Nacktheit in Filmen nicht „ekeln“ (es gibt viel bei Jumbo) und mal Filme über außergewöhnliche Themen sehen wollen.